Interview mit der steirischen Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Regionen, Wissenschaft und Forschung MMag. Barbara Eibinger-Miedl
Österreich und speziell die Steiermark sind industriell stark mit der Autoindustrie und deren Schicksal verbunden. Sollen die strengen CO2 Standards für die Dauer der Krise zeitlich nach hinten verschoben werden?
Klar ist, dass wir derzeit noch genauer als sonst darauf achten müssen, die Wirtschaft nicht mit übertriebenen Regelungen zu bremsen. Gerade jetzt müssen wir unsere ganze Kraft darauf richten, dass Unternehmen und damit Arbeitsplätze in Österreich erhalten bleiben. Gleichzeitig ist es aber notwendig, wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz zu setzen, daran ändert auch die aktuelle Krise nichts. Gerade die steirischen Unternehmen aus der Mobilitätsindustrie zeigen bereits seit Jahren sehr erfolgreich vor, wie die Zukunft mit alternativen und effizienten Antriebstechniken aussehen kann.
Was kann die Steiermark tun, um trotz dieser strengen CO2 Auflagen der EU-Industriestandort zu bleiben?
Die Steiermark ist der beste Beweis dafür, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und Klimaschutz nicht ausschließen. Die Unternehmen unseres Green Tech Cluster sind mit ihren Produkten und Dienstleistungen weltweit gefragt und den innovativen Mobilitäts-Sektor habe ich bereits erwähnt. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit der steirischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben wir die besten Voraussetzungen dafür, auch in Zukunft ein international erfolgreicher Wirtschafts- und Innovationsstandort zu sein.
Bei der Umsetzung der Überbrückungshilfen der Republik gab es z.T. enorme Probleme mit der Bürokratie. Es heißt, vieles wäre kompliziert und dauere zu lange. Vor jeder Wahl wird angekündigt, dass Gesetze einfacher und vor allem weniger wären. Hat diese Krise endgültig zu einem Umdenken geführt und wo anfangen?
Auch ich höre diese Klagen und hätte mir gewünscht, dass die Unterstützungsgelder noch rascher bei den Betrieben ankommen. Die Bundesregierung hat hier glücklicherweise auch nachgeschärft. Was die Vereinfachung gesetzlicher Regelungen betrifft, habe ich mich bereits vor Jahren in meiner Funktion als Klubobfrau im Landtag Steiermark dafür eingesetzt, Gesetze kritisch zu durchforsten. Ich weiß, dass es auch Bundeskanzler Sebastian Kurz ein Anliegen ist, unnötige bürokratische Hürden abzubauen. Ich bin daher zuversichtlich, dass es hier nach dem Ende der Krise zu Verbesserungen kommen wird. Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen.
Die Wertschöpfungskette wurde global aufgebaut. Nun fehlen Medikamente, Schutzausrüstung und Komponenten für praktisch jede Fertigung. Was soll in die Steiermark zurückkehren? Und wie könnte man anlocken?
Die Corona-Krise hat uns schonungslos vor Augen geführt, wo Europa als Produktionsstandort Defizite hat. Dort wo es möglich war, haben Unternehmen ihre Produktion zum Teil sehr kurzfristig umgestellt und stellen jetzt etwa Produkte her, die in der Corona-Krise besonders gefragt sind. Hier gibt es auch in der steirischen Humantechnologie-Branche einige Beispiele. Es muss unser Ziel sein, bei Schlüsselindustrien die Abhängigkeit vom Weltmarkt zu reduzieren und Produktionen nach Europa zurück zu holen. Gerade Industrie 4.0 bietet hier neue Chancen und Möglichkeiten. Was die Steiermark betrifft, können wir mit unserer Innovationskraft, unserer starken Forschungslandschaft und den gut ausgebildeten Fachkräften punkten.
Die Nullzinspolitik hat viele Unternehmer überleben lassen, die es vielleicht sonst nicht geschafft hätten. Gleiches gilt für Staaten. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Das mag für etliche stimmen. Auf der anderen Seite haben viele die gute wirtschaftliche Lage genutzt, kräftig investiert und nun Standortvorteile gegenüber anderen. Die Republik Österreich konnte ihr Budget in Ordnung bringen, was uns in der Corona-Krise umfangreiche staatliche Hilfen ermöglicht.
Regierungen auf der ganzen Welt stellen nun zig Milliarden an Steuergeld zur Verfügung, um den ökonomischen Schaden abzufedern. Wie kann die Staatskasse wieder gefüllt werden?
Ich stehe neuen Steuern kritisch gegenüber, weil Österreich ohnehin ein Hochsteuerland ist. Wir müssen die Wirtschaftskreisläufe wieder in Gang bringen, Unternehmen und damit Arbeitsplätze erhalten und darüber hinaus den privaten Konsum ankurbeln. Die Bundesregierung hat dazu ja bereits drei Punkte angekündigt, die ich für zukunftsweisend halte: eine Entlastung der Unternehmen, Investitionen in Digitalisierung, Regionalisierung und Klimaschutz und die Steuerentlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Wir stehen vor einem gewaltigen Kraftakt, das Wirtschaftssystem wieder aufzubauen und in die Gänge zu bringen. Erscheinen nun Vorstellungen über einen „Green Deal“ als Luxusproblem?
Wie bereits erwähnt bin ich der Meinung, dass sich wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz nicht ausschließen. Gerade für Regionen wie die Steiermark bringen Investitionen in Grüne Technologien wirtschaftliche Möglichkeiten, da wir in diesem Sektor sehr viele innovative und international erfolgreiche Unternehmen haben. Die Krise kann hier eine große Chance sein, Dinge zu überdenken und neu aufzustellen.
Durch die gewaltigen Abwertungen von Unternehmen, können einige zu günstigen Übernahmekandidaten werden. Soll sich der Staat zum Schutz beteiligen?
Da bin ich sehr zurückhaltend. Ich kann es mir im Einzelfall vorstellen, wenn es um den Erhalt kritischer Infrastruktur am Standort geht.