Die Thesen von Kenneth Kern

Der frühere IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff, der an der US-Eliteuniversität Harvard lehrt und forscht, fordert die deutsche Regierung auf, mehr Geld auszugeben, um die europäische Wirtschaft und die Euro-Zone anzukurbeln. „Es wäre sicherlich sinnvoll, wenn Deutschland und andere Kernländer der Euro-Zone die extrem niedrigen Zinsen nutzen, um mehr Geld auszugeben“, sagte Rogoff der „Welt am Sonntag“.

Das wiederum dürfte unseren neuen Bundeskanzler Christian Kern freuen, der erst unlängst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ähnliches gefordert hat. Leider hat Rogoff hinzugefügt, dass „das Geld nicht rausgepustet, sondern sinnvoll investiert werden soll, etwa in Bildung oder wichtige Infrastruktur.

An dieser Stelle beginnen leider zwei Probleme: erstens hat der Staat immer die Tendenz, das Geld rauszupusten. Die Politiker wollen wiedergewählt werden und daher müssen Wählerstimmen maximiert werden. Das kostet ein paar Steuermillionen für Inserate oder für gefällige Berichterstattung. In Österreich kann man das anhand der Boulevard-Medien besonders anschaulich beobachten.

Diese Gemengelage verhindert dann auch notwendige Reformen, denn es findet sich immer eine Gruppe, die sich durch etwaige Einschnitte benachteiligt fühlt und mit ausreichend Steuergeld dann wieder relativ leicht zu beruhigen ist.

Der Staat in seiner gegenwärtigen Ausprägung ist denkbar ungeeignet, um der Verlockung des allzu einfachen Geld-Herauspustens zu widerstehen. Noch dazu, wo das durch die EZB erzeugte Papiergeld nahezu unbegrenzt verfügbar ist, was wiederum den Druck für Reformen durch die Politik reduziert.

An dieser Stelle bleibt noch die Forderung nach Geld für Bildung und Infrastruktur übrig. Die Forderung nach mehr Geld für Bildung kann man fast nicht mehr hören, denn sie ist zum Allgemeinplatz abseits der Realität geworden. Niemand kann dagegen sein und dennoch hat das Bildungssystem seine eigenen Probleme, die abseits des Mitteleinsatzes offensichtlich auch in näherer Zukunft nicht gelöst werden – oder wie es scheint, überhaupt nie einer adäquaten Lösung zugeführt werden.

Die Forderung nach Ausgaben für die Infrastruktur erscheint daher immer wieder als die einfachste aller Lösungen, die offensichtlich selbst von einigen amerikanischen Wirtschaftsprofessoren noch immer propagiert wird. Vereinfacht dargestellt sollen also noch mehr Tunnel gegraben und Brücken oder Straßen gebaut werden.

Leider wird meistens darauf vergessen, dass diese Infrastruktur-Ausgaben nur einen geringen Teil der Wirtschaft stimuliert, der durch die Ausgaben über diese Staatsquote zu erreichen ist. Davon profitiert die Bauwirtschaft und einige andere Branchen, aber ob dieser Mitteleinsatz zu einer ganzheitlichen Stimulation der österreichischen Wirtschaft führt, darf bezweifelt werden. Außerdem wurde diese Methode schon in der Vergangenheit mehrfach mit dem Blick auf die damit verbundene populistische Wirkung angewandt. Wäre sie so erfolgreich gewesen, müssten wir alle eigentlich mittlerweile im wirtschaftlichen Schlaraffenland leben.