Das neue Europa

In einer geschlossenen Vorstellung, veranstaltet von der amerikanischen OSZE-Delegation, ist kürzlich in Wien ein Film aufgeführt worden, in dem einem oft der Atem stockte in Szenen von brutaler Gewalt, bewegender Solidarität und stillem Heldentum. Der israelische Kameramann, der den Film gedreht hat, sagte bei der Aufführung in Wien, dass er erst nach den Dreharbeiten realisiert habe, wie oft er während der Arbeit in Lebensgefahr gewesen ist.

DIE REVOLUTION DES MAIDAN IM „WINTER ON FIRE“

Der Streifen heißt „winter on fire“ (man kann ihn auch über netflix beziehen) und ist eine Dokumentation jener dramatischen 93 Tage zwischen November 2013 und dem 20. Februar 2014, die später als die „Revolution des Maidan“ bezeichnet wurde und das Schicksal der Ukraine gewendet hat. Sie könnten sich später einmal auch als ein Wendepunkt der europäischen Geschichte herausstellen. In dem Film ist jedenfalls mehr über das künftige Europa zu erfahren, als aus vielen EU-Debatten, Erklärungen aus Brüssel und gelehrten Abhandlungen.

Im Westen wird kaum wahrgenommen oder verstanden, dass der Maidan eine Revolution für Europa gewesen ist. Der eigentliche Auslöser der Kundgebungen, an denen oft hunderttausende Menschen teilnahmen, war die Forderung nach Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens der Ukraine mit der EU, die Präsident Janukowitsch verhindern wollte. Unter den jungen Demonstranten mit den blau-gelben ukrainischen Fahnen gab es auch ganze Trupps, die die blaue EU-Flagge mit den gelben Sternen schwenkten.

DIE DEMONSTRANTEN VOM MAIDAN WAREN UND SIND ANDERE LEUTE ALS DIE DIVERSEN PSEUDO-REVOLUTIONÄRE IM WESTEN.

Die Demonstranten vom Maidan waren und sind andere Leute als die diversen Pseudo-Revolutionäre im Westen, „Empörte“ in Spanien und occupy wall street-Aktionisten in New York, die ihre Zelte einpacken, wenn der erste Regen kommt und der Revolutions-Spaß fad wird, weil ihn keine Medien mehr beobachten. Sie haben einen ganzen harten Winter in Kiew durchgehalten und nicht aufgegeben bis zur letzten Konfrontation, in der fast zweihundert Menschen ihr Leben hingegeben haben.

Ihre Idee von der Zukunft ist nicht die Enteignung anderer, sondern ein eigener Beitrag zur Zukunft aller. Europa – das ist für für sie vor allem ein Leben in Freiheit, Selbstbestimmung und Würde. Dafür sind sie auch bereit, Opfer zu bringen. Sich diesen jungen Menschen zuzuwenden und ihre Hoffnung auf ein neues Europa, an dem auch sie teilhaben können, nicht zu enttäuschen, wäre eine Aufgabe für das gemeinsame Europa, das aus den längst steril gewordenen Ritualen europäischer Politik herausführen könnte.