Grundsätzlich ist die Europäische Union eine gute Idee. Die EU hat neben der NATO dazu beigetragen, dass in Europa keine Kriege mehr geführt werden. Es gibt eine weitgehende Reisefreiheit ohne innereuropäische Grenzen, eine gemeinsame Währung und über die Jahrzehnte wurde sehr viel Wohlstand erwirtschaftet. Alles Annehmlichkeiten, die – wenn sie denn gut funktionieren würden – man nur ungern aufgeben möchte.
Der kommende Austritt Großbritanniens durch den Brexit hat nun – nach der noch immer aktuellen Flüchtlingskrise – die EU erneut auf dem falschen Fuß erwischt. Die unmittelbaren Reaktionen der führenden EU-Politiker zeigten deutlich, welche Probleme die EU hat. Man reagierte abgehoben, selbstgefällig und irgendwie trotzig wie ein beleidigtes kleines Kind.
Dabei ist der Brexit nur eines von vielen Problemen der EU. Die Griechenland-Krise ist noch immer nicht ausgestanden. Der Euro schwächelt weiter an seinen Konstruktionsfehlern und treibt einen Keil zwischen die zahlenden und empfangenden EU-Länder. Die Nationalstaaten sind im Regelfall schwer verschuldet und im Umgang mit den Flüchtlingen gewinnt man eher den Eindruck, dass niemand wirklich einen guten Plan hat.
Der Brexit hat innerhalb der EU offensichtlich keinen Prozess der Selbstkritik ausgelöst. Beim Austritt eines der wichtigsten Länder sollte man vielleicht nachdenken, ob womöglich etwas grob falsch läuft. Auch sollten sich die handelnden Akteure und EU-Politiker selbst fragen, ob sie noch die geeigneten Personen sind, um die EU aus diesen Krisen herauszuführen. Rücktritte sind aber bislang ausgeblieben.
Man hört wenig von neuen großen Ideen und Lösungsansätzen. Dafür gibt es mittlerweile gewaltige Themenkomplexe und offene Fragen:
Wir reparieren wir den Euro?
Wie holen wir Griechenland aus der Krise?
Wie lösen wir die Staatsschuldenkrisen der Nationalstaaten? Die EZB wird ihr gesamtes Pulver durch Gelddrucken und Zinssenkungen bald verschossen haben.
Und zu guter Letzt: Wie beenden wir die Flüchtlingskrise und finden einen normalen und geregelten Ablauf und Umgang mit diesen Migrationsbewegungen?
Wenn die EU nicht bald kräftige Lebenszeichen mit neuen und großen Ideen von sich gibt, wird sie schneller in die Geschichte eingehen als uns allen lieb ist.