Ab 45 zum alten Eisen

In meinem beruflichen Bekannten- und Freundeskreis fällt mir in den letzten Monaten immer wieder auf, dass sich viele ehemalige Manager der sogenannten mittleren Management-Ebene beruflich verändern oder verändern müssen.

Die Einträge auf den bekannten Netzwerk-Plattformen wie XING oder LinkedIn sind dann dergestalt, dass Herr oder Frau XY, vormals Bereichsleiter Vertrieb oder Abteilungsleiter Technik, nunmehr „Unternehmensberater“, „selbstständig“, „Privatier“ oder „Autor“ sind. Schnell ziehen diese Leute auch eine kleine Webseite hoch und versuchen sich in der Akquise, um an Aufträge, meistens in ihrem jeweiligen Umfeld, zu gelangen. Einige Zeit geht das vielleicht ganz gut. Vielen geht jedoch über längere Strecken hinweg die Luft aus.

Diese Leute sind meist gegen 45 bis 50 Jahre alt und haben in ihrem bisherigen Berufsleben eine gute Karriere gemacht und viel Erfahrung gesammelt. Sonst hätten sie diese Positionen im mittleren Management als Bereichs- oder Abteilungsleiter in verschiedenen Branchen nicht erreichen können.

Wenn es dann aber nach einiger Zeit in der vielleicht nicht ganz freiwilligen gewählten Selbstständigkeit doch nicht so gut läuft, kann man beobachten, dass einige dieser Personen in die Lehre, meistens an diverse Fachhochschulen, gehen. Das sichert zumindest ein gewisses Einkommen, um sich selbst, die Familie und den eigenen Lebensstandard einigermaßen aufrechtzuerhalten.

Die Gründe für diese Entwicklung dürften relativ klar sein. Diese Personen werden für die Unternehmen, die selbst unter Einsparungs- und Kostendruck stehen, zunehmend zu teuer. Meistens verdienten sie in ihren mittleren Managementpositionen Bruttogehälter von ca. 6.000 bis 12.000 Euro. Das sind schöne Gehälter, aber im Regelfall reicht dies in unserem Hochsteuerland nicht aus, um damit bis ans Lebensende ausgesorgt zu haben. Der Kredit für das Haus oder die Wohnung läuft noch und die Kinder gehen vielleicht noch zur Schule und wollen dann später an die Universität. Mit dem zeitlich ohnehin limitierten Arbeitslosengeld bzw. der noch geringeren Notstandshilfe hält man das nicht lange durch.

Aus den unteren Hierarchieebenen drängt die nächste Generation der 35- bis 45-jährigen an die leitenden Positionen. Für die Unternehmen ist somit der Austausch der älteren Manager durch jüngere Manager verlockend, kann man doch diesen weniger als den zu teuer gewordenen älteren Kräften bezahlen.

An dieser fatalen Entwicklung sind aber nicht die Unternehmen per se schuld, denn diese stehen selbst unter massivem Druck. Die Lohnnebenkosten sind viel zu hoch und die Wirtschaftskrise ist immer noch nicht ausgestanden. Ganz im Gegenteil, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste – und vermutlich noch größere Wirtschaftskrise – auf uns zukommen wird. Die Gründe dafür sind allseits bekannt: Staatsschuldenkrise, das Gelddrucken durch die EZB, das Nichtfunktionieren des Euro und so weiter.

Leider helfen dagegen auch keine einfachen und populistischen Rezepte wie Förderungsprogramme für die Generation 50+, bei denen sich ein neuer Arbeitgeber vielleicht in den ersten Monaten Lohnnebenkosten für den älteren Mitarbeiter sparen kann. Er kann sich die Lohnnebenkosten danach auch nicht leisten.

Was helfen würde, wäre eine radikale Schubumkehr im politischen und gesellschaftlichen System. Wir müssen dringend die Lohnnebenkosten und die Steuerbelastung für alle (vom Unternehmen bis zum Pensionisten) schrittweise deutlich senken, damit es sich wieder lohnt, von der Erfahrung der Generation 45+ zu profitieren.