„Mister Gorbatschow, tear down this wall!“

– Donald Trump hat nichts mit Ronald Reagan zu tun.

Unter den Reaktionen auf die Wahl Donald Trumps habe ich auch eine gelesen, in der Trump mit Ronald Reagan verglichen wurde. Nichts könnte falscher sein als ein solcher Vergleich. Niemand, welcher Präsident Trump wird, aber  es deutet nichts darauf hin, dass er  die welthistorische Größe des 40. Präsidenten (1981 bis 1989) der USA erreichen wird.

Donald Trump ist eine Egomane, der wenig anderes kennt als seine eigene Vorstellungen und Einbildungen. Er ist einer, der selbst alles am besten weiß. Einen „Hasser für alle Jahreszeiten“  nennt ihn der bekannte Kolumnist  Garry Wills.  „Ich allein kann es machen“, rief er auf einer Versammlung seinen Anhängern zu und  diese glaubten es ihm. Sie wollten glauben, sie selbst könnten durch ihn handeln und sich das wieder holen, was ihnen vermeintlich durch frühere Regierungen und überhaupt „die oben“ oder „die in Washington“  weggenommen worden ist.

Regean, der charismatische Führer

Nicht Ressentiment und Misstrauen, nicht Hass und Verachtung wie bei Trump ließ die Menschen sich um Reagan scharen. Er war kein Hasser. Er entstammte jenem einfachen Milieu, das Trump anspricht, aber nur vom Hörensagen kennt. In Reagan fanden die Amerikaner, was sie von sich selber glauben wollten. Der charismatische Führer stellte  nach zwei Jahrzehnten Krise und Zweifel an sich selbst das Vertrauen  Glauben der USA an sich selbst und ihre Sendung wieder her.

Auch Ronald Reagan mag nicht sehr gebildet im Sinn von  literarischen, in Schulen und auf Universitäten erworbenen Kenntnissen gewesen sein. Bekannt ist die Episode, für die er seinerzeit viel verspottet worden ist: Auf einer Reise nach  Lateinamerika wusste er einmal nicht, ob er sich gerade in Bolivien befand oder in Peru.  Aber er hatte, bevor er 1980 zum Präsidenten gewählt wurde, vier Jahre politische Erfahrung als Gouverneur von Kalifornien  hinter sich und davor war er ein sehr erfolgreicher Gewerkschafter in Hollywood gewesen.

„Er verkörperte die Vorstellung davon, was es bedeutet ein Amerikaner zu sein.“

„Eine magische Übereinstimmung mit dem amerikanischen Volk“ wird Reagan zugeschrieben  und die erreichte er nicht, weil er ein – übrigens auch im Gegensatz zur Legende – sehr erfolgreicher Schauspieler gewesen war, bevor er in die Politik ging, sondern weil er in seiner Person eine Vorstellung davon verkörperte, was es bedeutet, ein Amerikaner zu sein: Ein optimistischer Individualist, gottesfürchtig und beauftragt mit einem besonderen Schicksal auf der Welt und für die Welt.

Eine stille Tat der Versöhnung der Amerikaner mit sich selbst

Gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft machte Reagan einen Schritt, der  die  tiefe Wunde heilen sollte, die zu seiner Zeit noch blutend offen war. Gegen großen Widerstand setzte er ein Erinnerungsmal für die Toten des Vietnamkriegs am heiligen Hain der amerikanischen Geschichte durch, auf der National Mall in der Nähe der Denkmäler für die größten Präsidenten der USA, George Washington, Thomas Jefferson und Abraham Lincoln. Es war eine stille Tat der Versöhnung der Amerikaner mit sich selbst. Auf zwei langen, in eine Vertiefung im Rasen eingelassenen  Marmorbändern sind 58.272 Namen eingraviert. Von 1956 ansteigend werden es pro Jahr immer mehr bis zum Höhepunkt 1969 und dann wieder abfallend bis zum letzten Gefallenen 1975. Sonst nichts. Erst später wurde eine USA-Flagge neben den schier unendlichen Namensreihen aufgepflanzt.

 Amerika „wieder groß machen“

Auch Reagan versprach, die USA nach einem Jahrzehnt der Demütigungen wieder „groß zu machen“. Aber er hatte eine klare Vorstellung von der Welt und der Sendung der USA. In der  Sowjetunion erkannte er die Macht, die allem entgegengesetzt waren, wofür die USA stehen: Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmung. Darin traf er sich mit einer anderen großen  politischen Gestalt seiner Zeit, von Herkunft und kultureller  Prägung so verschieden, wie  man es nur denken kann: Papst Johannes Paul II.

Als die Sowjetunion untergegangen war, erkannte Reagan in Michail Gorbatschow einen Verbündeten, dem er im Angesicht der Berliner Mauer zurufen konnte: „Tear down this wall!“