Interview mit Mag. Anita Frauwallner „Unerschütterlicher Glauben“

Was bedeuten Innovationen für Sie?

Innovationen bedeuten für mich, eine Idee oder eine Vision so umzusetzen, dass ein deutlich spürbarer Nutzen entsteht – ohne dabei negative Effekte mit sich zu bringen. Das ist besonders im Gesundheitswesen ein entscheidender Faktor, denn häufig führen starke Nebenwirkungen dazu, dass eine wichtige Therapie abgebrochen wird, auch wenn es sich dabei um moderne Substanzen handelt. Genau hier setzen wir mit unseren Innovationen an: Wir bieten mit unseren medizinisch relevanten Probiotika Lösungen ohne unerwünschte Effekte und können auch die Nebenwirkungen von Medikamenten behandeln, wie z. B. die Durchfälle im Rahmen einer Antibiotika-Therapie.

Welche Rahmenbedingungen wünschen Sie sich, um im Bereich „Innovation“ optimal arbeiten zu können?

Wir können von zahlreichen bestehenden Rahmenbedingungen profitieren, insbesondere von jenen, die unsere intensive Forschungsarbeit betreffen: Unsere klinischen Studien werden gerne auch in Zusammenarbeit mit renommierten österreichischen Universitäten durchgeführt, deren Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter mit Begeisterung neue Anwendungsgebiete unserer OMNi-BiOTiC®-Produkte erarbeiten. Im Rahmen einer Studienkooperation mit der MedUni Graz konnten wir weltweit erstmals zeigen, dass unser Produkt selbst schwere Leberfunktionsstörungen verbessern kann. Diese Studie wurde 2016 auf der renommierten American Liver Week unter 10.000 eingereichten Arbeiten als herausragendes “Poster of Distinction” ausgezeichnet – ein unglaublicher Erfolg. Natürlich leisten auch die bestehenden Forschungs- und Wirtschaftsförderungsprogramme einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir unsere Innovationen immer weiter vorantreiben können.

Bekommen Sie ausreichend qualifizierte Mitarbeiter?

Nein, das ist eine große Herausforderung. Wir bilden im Normalfall selbst aus. Ich glaube, wir haben da ein bisschen ein Standortproblem in Graz. Die jungen Leute gehen oft weg. Nach Wien oder ins Ausland. Die Universitäten hier bilden zwar die Leute gut aus, und wenn man langsam wächst, kann man sich die Mitarbeiter im Laufe der Zeit ausbilden, aber wir bräuchten oft dringend Praxis-erprobte Medical Scientists. Und aus Wien gehen sie nicht so gerne zurück nach Graz, aus dem Ausland jemanden anzulocken ist es sowieso schwierig

Gehen die Leute nicht gerne nach Graz?

Die Leute, die wir suchen sind in der Regel um die 40 Jahre alt, mitten im Leben sozusagen. Die meisten haben Kinder in der Schule. Wenn wir mehr Firmen in unserer Branche in Graz hätten, wäre das einfacher, denn die Lebensbedingungen hier sind wunderbar.

Sie sind seit kurzem Captain des Studienganges Innovationsmanagement der Fachhochschule Campus02.

Vor 25 Jahren hatte ich selbst eine Vision, die ich mit viel Arbeit und Leidenschaft in eine Innovation umgesetzt habe – heute sind wir Marktführer im Bereich der Probiotika in Österreich und Deutschland. Ich möchte junge Menschen daher dazu motivieren, es mir gleich zu tun und den Studierenden gleichzeitig viel von meiner Erfahrung mitgeben: Warum man auf sein „Bauchgefühl“ achten sollte, dass es manchmal Jahre braucht, bis sich der gewünschte Erfolg einstellt, wie wichtig ein starkes Team ist – und warum sich all der Aufwand am Ende jedenfalls lohnt.

Ihre Produkte sind der Inbegriff von erfolgreicher Innovation. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Den Mut zu haben, etwas Neues auszuprobieren, obwohl außer dir selbst niemand daran glaubt, war für mich ein erster wichtiger Schritt, als wir mit der Entwicklung von OMNi-BiOTiC® begonnen haben. In den 90er-Jahren waren Probiotika und die Wichtigkeit eines gesunden Darms vollkommen unbekannt! Durch den unerschütterlichen Glauben daran, etwas Wichtiges zur Gesundheit von vielen Menschen beizutragen, habe ich es geschafft, meine Mitarbeiter aber auch viele Ärzte und Apotheker zu begeistern. Heute sind wir als Zentrum für Mikrobiomforschung international anerkannt, und so auch unsere Forschungsarbeit: Der Durchbruch gelang vor 10 Jahren, als wir eine Studie zum erfolgreichen Einsatz von OMNi-BiOTiC® 10 AAD bei Antibiotika-Assoziierter Diarrhö publiziert haben, die von der WGO (World Gastroenterology Organisation) als eine der besten Probiotika-Studien der Welt gelistet wurde. Eine enorme Anerkennung für ein damals noch winzig kleines Grazer Unternehmen.

Heute spricht jeder von Frauenförderung. Wie ist Ihre Sicht dazu als erfolgreiche Unternehmerin.

Da hat das Institut AllergoSan sicher eine Vorreiterrolle inne, denn mehr als 70 % meines Teams besteht aus Frauen. Es war mir immer wichtig, auch Frauen Chancen zu geben, ihre Kompetenz und ihren Teamgeist unter Beweis zu stellen, um so innovativ und erfolgreich zu sein.

Braucht es Frauenquoten?

Das kann ich schwer beurteilen, da ich selbst nie ein Problem hatte und mir nicht als Frau benachteiligt vorkam. Ich war die einzige Frau an der Uni mit einer Assistentenstelle in unserem Bereich. Es ging nur nach Qualifikation und Wollen.  Bei uns in der Firma gibt es diesbezüglich, wie gesagt, auch kein Problem. Wenn ich jemanden einstelle, oder befördere schaue ich mir vor allem auch die Persönlichkeit an, ich mag Menschen, die positive Energie ausstrahlen. Es kann aber sein, dass man verpflichtende Quoten anderswo braucht, aber da kann man nicht alle Branchen in einen Topf werfen. Außerdem glaube ich dass diese Quote manchmal den Frauen schadet, weil es dann heißt, dass halt eine Frau auch dabei sein muss.

Was sie sich wünscht von der Politik, damit in Österreich Innovationen stattfinden, damit unser Wohlstand erhalten und ausgebaut werden kann?

Die Basis dafür ist meiner Meinung nach eine umfangreiche Ausbildung, und damit meine ich gleichermaßen fundierte Lehren wie exzellente universitäre Bildung. In das Wissen und die Möglichkeit der lebenslangen Fortbildung muss unbedingt investiert werden, um die Innovationskraft unserer Heimat weiterhin sichtbar zu machen.

 

Mag. Anita Frauwallner begann ihre Karriere an der Universität Graz. Nach ihrem Studium für Linguistik und der Zeit als Universitätsassistentin widmete sie sich der vertieften Ausbildung in naturheilkundlicher Medizin sowie der Mikrobiomforschung. Als Eigentümerin einer der ältesten Grazer Apotheken setzte sich die vielbeschäftigte Medizinjournalistin über viele Jahre für die Etablierung der Apotheke als Gesundheits- und Beratungszentrum ein und für eine verbesserte Kommunikation zwischen Arzt und Pharmazie. Heute leitet sie seit 25 Jahren das Institut Allergosan, ein österreichisches Unternehmen, das in Kooperation mit zahlreichen europäischen Universitäten wissenschaftliche Forschungsarbeit im Bereich der probiotischen Medizin leistet.