Den KMU wird das Leben schwergemacht…

Interview mit DI Dr. Johann Harer. Er war nach Universitätsabschlüssen in Elektrotechnik und Rechtswissenschaften 35 Jahre lang in verschiedenen großen internationalen Firmen tätig. 2014 wurde er Geschäftsführer des Human Technology Styria Clusters.

Der Human Technologie Styria Cluster zählt aktuell 125 Mitgliedsunternehmen aus Wirtschaft und Forschung, aus dem Life Science Umfeld. Zu den Mitgliedern gehören die steirische Krankenanstaltengesellschaft (KAGES), Neuroth, Roche Österreich, AT&S sowie Stölzle Oberglas.

Das Ziel des Clusters ist, Potenziale zu bündeln, Synergien zu nutzen, neue Projekte anzustoßen, die Innovationsfähigkeit zu stärken und die internationale Sichtbarkeit der Partnerunternehmen zu optimieren. Dr Harer organisiert mit 10 Mitarbeitern im Jahr an die 70 Veranstaltungen.

 

Wie ist das HTS Cluster organisiert?

HTS ist eine Cluster Organisation, die als Public Private Partnership organisiert ist, das heißt, zum Teil trägt uns die steirische Wirtschaftsförderung und zum Teil Betriebe bzw. Forschungseinrichtungen. An der HTS ist zu 40% die steirische Wirtschaftsförderung, die Medizinuniversität und das Joanneum Research beteiligt, sowie sechs weitere Firmen, wie zB Neuroth, Roche Österreich, Ceta, VTU, also Firmen aus dem Gesundheitsbereich. Wir werden zu einem überwiegenden Teil von der steirischen Wirtschaftsförderung und zum anderen Teil aus Mitgliedsbeiträgen und aus sonstigen Einnahmen, wie durch Trainings und diverse Veranstaltungen finanziert.

Was ist der Vorteil der Mitgliedschaft?

Wir bieten ein Netzwerk von 120 Mitgliedsfirmen, die aktiv Mitgliedsbeiträge zahlen. Wir initiieren Projekte, machen Leute miteinander bekannt, und entwickeln gemeinsam Projekte mit unseren Partnern und vertreten diese auch gegenüber der Politik. Wir organisieren Veranstaltungen, Trainings, Messen, Delegationskreisen und bieten auch Expertensprechstunden für unsere Mitglieder an.

Also im Thema Life-Science eine ähnliche Rolle, wie Wirtschaftskammer und IV?

Nein, die IV und Wirtschaftskammer sind hauptsächlich Lobbying Organisationen.

Das heißt, Sie interessieren sich nicht so sehr für das Thema Gesetzgebung.

Sagen wir so, wir interessieren uns am Rande dafür. In einer Sache sind wir aber zurzeit sehr engagiert, weil es auf EU Ebene eine neue Verordnung gibt, die das Leben unserer Mitglieder sehr verkompliziert und negativ gestaltet. Es geht dabei um folgendes: Um Medizinprodukte zuzulassen, braucht man Benannte Stellen. Das sind Zertifizierungsstellen. Vor den neuen EU Verordnungen hatten wir zwei Zertifizierungsstellen in Österreich, den TÜF in Wien und in Graz das PMG, die Prüfgesellschaft für medizinische Produkte, die an die TU angegliedert war. Durch die neuen strengen Regeln haben beide ihre Akkreditierung zurückgelegt. Das hatte wirtschaftliche Gründe, weil die Anforderungen so unrealistisch gestiegen sind. Die unglückliche Konsequenz dieser neuen EU-Vorschrift ist, dass die lokalen Firmen, jetzt zu den großen Zertifizierungsstellen ins Ausland gehen müssen. In der Folge gibt es Engpässe diesen Stellen und Zulassungen werden oft um ein Jahr verzögert.

Eigentlich ein klassischer Fall, wo das Gegenteil vom Subsidiaritätsprinzip seitens der EU gelebt wird, obwohl dieses eigentlich einer der Grundpfeiler sein sollte.

Genau. Früher mal gab es europaweit 86 Zertifizierungsstellen, jetzt sind wir bei ungefähr 40.

Durch die Überregulierung kommt es also zu einer Konsolidierung, weil nur mehr große Organisationen mithalten können.

So ist es. Die wenigen Großen werden noch größer und jene, die vor Ort einen Ansprechpartner hatten, müssen jetzt ins Ausland. Das bedeutet zusätzliche Anreisekosten und deutlich gestiegene Zertifizierungskosten, was gerade für kleinere Firmen schon eine große Belastung oder sogar den Todesstoß bedeuten kann, weil nun eine Zulassung aufgrund von Engpässen auch ein Jahr lang dauern kann. Es gibt auf EU-Ebene viele Programme, wie man KMU unter die Arme greifen kann, aber gleichzeitig wird alles gemacht, um den KMU das Leben schwer zu machen, ein absurder Zustand.

Kann man da nicht auf ministerieller Ebene gegensteuern?

Natürlich, aber das Gegenteil ist passiert! Das österreichische Gesundheitsministerium hat bei der Umsetzung der neuen EU-Vorschrift das sogenannte Golden Plating zelebriert, die beiden Stellen hätten ihre Mitarbeiteranzahl verdreifachen müssen und das ist natürlich unbezahlbar. In Slowenien, wo das gleiche EU Recht gilt, kommt man mit den gleichen zehn Leuten wie vorher durch, weil das slowenische Ministerium einfach klar gesagt hat, wir wollen diese Stelle beibehalten, weil das ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für uns ist.

Also kann man sich auf nationaler Ebene schon auf die Beine stellen?

Genau. Solche krassen Fälle nehmen wir also im Lobbying mit, aber in erster Linie bewegen wir Dinge vor Ort. Wir haben zum Beispiel einen Brexit-Flüchtling aus Nottingham, den wir nach Graz holen konnten. Wir haben ihn beraten, welche Förderungen es gibt und welche Behördenwege zu erledigen sind etc. Er brauchte Laborflächen und da ist es natürlich mit unserem Netzwerk leicht, etwas Geeignetes zu finden. Wir haben auch eine Professur an der TU eingefädelt. Ich will nicht sagen, dass die Wirtschaftskammer und die IV hauptsächlich Papiere produzieren, aber wir sind jedenfalls sehr konkret aktiv auf der Ebene „down to earth“. Wir helfen Personal zu finden und dieses weiterzuqualifizieren in Zusammenarbeit mit der FFG oder SFG.

Apropos qualifizieren. Haben Sie den Eindruck, dass die jungen Menschen, die von unseren Unis und FHs absolvieren, Fähigkeiten erworben haben, welche die Unternehmen brauchen können?

Wir haben sehr viel zu tun mit der technischen Universität, mit der medizinischen Universität, ein bisschen auch mit der Karl-Franzens Universität und mit der FH Joanneum. Grundsätzlich sind dort gute Leute, vor allem an der TU gibt es Spitzenleistungen. Wir haben aber zwei Probleme: auf den FHs entspricht die Anzahl der Studienplätze nicht dem Bedarf der Industrie. Wir bräuchten zum Beispiel wesentlich mehr Pflegepersonal, aber es gibt viel zu wenige Studienplätze. Es sind um die 100. Anmeldungen gibt es 800 und wir bräuchten aber bis zu 300 Absolventen jedes Jahr. Die FH bekommt aber nicht mehr Studienplätze von der Politik finanziert. Das zweite Problem ist, dass gewisse Studienrichtungen sehr überlaufen sind, das heisst die Studienplatzsteuerung ist nicht gut.

Also zu viele Absolventen der sogenannten Orchideenfächer?

Ja, das ist ein Problem. Und das dritte Problem ist, wir schleppen viel zu viel Mittelmaß. Elite ist fast ein Schimpfwort, dabei gibt es gerade auf der Technik oder auch der Montanuniversität Spitzenleute. Während der Studienzeit scheint mir der Fokus viel zu sehr auf Quantität und viel zu wenig auf Qualität zu liegen. Ich bin auch kein großer Anhänger der sogenannten Überakademisierung. Gerade im Pflegebereich. Früher mal hat eine Pflegefachkraft eben eine Ausbildung zur Pflegefachkraft gemacht. Heute muss die Person einen Master Abschluss machen. Die Leute sitzen fast zwei Jahre länger in der Ausbildung und lernen dabei viel Theorie…ob das das Ei des Kolumbus ist, ist mehr als fraglich.

Und um auszugleichen, dass auf den Unis der Fokus am Mittelmaß liegt, die Unternehmen aber Spitzenleute brauchen, bieten Sie Weiterbildungen und Trainings an?

Lassen Sie mich das Thema anschaulich machen: Es gibt ein Studium, das heißt biomedical engineering auf der TU, das wäre genau richtig für unsere Medizintechnik Branche. Leider werden zunehmend die Basisfächer gekürzt, weil es immer wieder etwas neues Interessantes gibt, das den Lehrplan füllt. Zum Beispiel spricht heute jeder von Artificial Intelligence, also gibt es ein Fach dazu. Und dann gibt es eines über Blockchain usw. Sofort springt man auf alle diese Dinge drauf, übersieht aber, dass die Leute nicht mehr rechnen und schreiben können und die Grundlagenkenntnisse fehlen. Die Absolventen können dafür über Artificial Intelligence diskutieren, ob sie das aber verstehen, ist wieder eine andere Frage. Da lobbyieren wir stark und sagen, in die Curricula gehören schon die Grundlagen hinein, damit sie auch gut an die Wirtschaft vermittelbar sind.

Wenn Sie Trainings und Weiterbildung anbieten, kooperieren Sie mit anderen Bildungseinrichtungen?

Wir greifen auf unsere Universitäten zurück.

Also gestalten Sie „brauchbare“ Lehrgänge und greifen auf Fachleute an unseren Bildungseinrichtungen zurück?

Ja genau, und wir haben die Idee, erarbeiten Details mit unseren Partnerfirmen im Netzwerk, finden geeignete Lektoren und finanzieren den Lehrgang. Die Kurse sind in erster Linie für den Nutzen unserer Mitgliedsfirmen, aber sie sind offen für alle in der steirischen Wirtschaft. Geförderte Kurse, die zu bezahlen sind, sind offen für alle.

Bildung scheint Ihre Leidenschaft zu sein … 😊

Stimmt, denn nur gut gebildete Leute können gute Leistungen erbringen auf Dauer. Wenn wir eine Chance haben wollen, brauchen wir gute Leute. Ich war lange in der Industrie tätig und habe meine Leute immer auf Kurse geschickt, damit sie effizienter und besser werden.

Dem Kalender in Ihrem Büro habe ich entnommen, dass es etliche Auslandsreisen gibt. Kongresse in Shanghai, Messen in Südkorea, Sitzungen in Singapur. Fällt Ihnen ein kultureller Unterschied auf, was den Biss der Leute anlangt?

Es ist interessant, wenn man in ein asiatisches Land geht, die Leute sind erfolgshungrig. Ohne pauschalieren zu wollen…viele unserer jungen Leute hier sind nicht hungrig genug. Wir haben sehr viele saturierte junge Leute, die in einem wohlbestallten Umfeld brav lernen, aber das ist es auch. Der Unterschied ist tatsächlich der Biss und der Anspruch „Ich will erfolgreich sein.“ „Ich will mich verbessern.“, „Ich will reich werden.“ Das gibt es bei uns viel zu wenig. Wir achten auch viel zu wenig darauf, den Wissenstransfer von den Universitäten in die Wirtschaft zu unterstützen. Und wenn man schaut, wie wenige sich wirklich unternehmerisch betätigen wollen…vor wenigen Jahren gab es eine Umfrage eines bekannten Forschungszentrums und von 100 jungen Leuten an der Uni sagten 99, dass sie eine akademische Karriere anstreben. Eine einzige Person dachte daran, eine Firma zu gründen und das ist ein Problem. Viele wollen einen Posten bekommen, wo sie jedes Jahr 3% mehr bekommen und dann hoffentlich vor 65 in Pension gehen. Ich glaube, das ist der große Unterschied zu anderen Ländern. Uns fehlt die Vision, dass wir mehr erreichen und besser werden wollen.

Könnte man hier einen Stimulus setzen, oder ist das einfach das Schicksal einer Wohlstandsgesellschaft?

Natürlich könnte man einen Stimulus setzen. Ich bin ein Vertreter einer leistungsorientierten Gesellschaft. Die Diskussion über den geringen Unterschied zwischen der Mindestsicherung und zum Beispiel Handelsangestellten hört man fast täglich. Wenn man 1000 Euro netto bekommt, ohne etwas zu arbeiten, warum sollte die Billa Verkäuferin um 1500 Euro arbeiten gehen, der nach Abzug der Sozialversicherung vielleicht 1200 bleiben…Es soll jedenfalls ein Sicherheitsnetz geben, aber wir haben das zu einem Langfrist-Sicherheitsnetz umgebaut und das ist glaube ich nicht gut. Wenn ich weich gebettet bin, habe ich wenig Initiative aufzustehen. Ich bin eher ein Freund dessen, dass man in die Hände spuckt und die Ärmel hochkrempelt, dann wird am Ende des Tages auch etwas herauskommen.

Ihrer Website habe ich entnommen, dass der Cluster einen Fokus auf die Tatsache setzt, dass wir eine alternde Gesellschaft sind. Was will der Cluster bei diesem Metathema erreichen?

Wir haben jetzt viel von negativen Themen gesprochen, es gibt aber auch viel Positives. Ich war 35 Jahre lang in der Industrie, im Marketing, im Vertrieb und im Business Development und da sieht man eher die Opportunities. Man muss schauen, welche Gelegenheiten es gibt. Der demographische Wandel ist nun vielleicht nicht per se eine Opportunity…man liest über den Pflegenotstand, zu wenig Personal, zu wenig Beitragszahler etc. Nur – dieser Zustand ist ja nicht Gott-gegeben. Das heißt, natürlich können wir das aktiv beeinflussen, wenn wir es beeinflussen wollen. Und das zweite – und da kommt unser Auftrag ins Spiel – immer, wenn man vor solchen großen Veränderungen steht, gibt es für die cleveren eine Chance. Ich habe immer gesagt: Warum müssen wir hier in der Steiermark warten, bis irgendetwas über den Atlantik aus dem Silicon Valley rüberkommt. Warum können wir nicht in der ersten Reihe dabei sein? Bei aller Problematik einer alternden Gesellschaft, versuchen wir doch die positiven Dinge zu sehen. Was können wir machen, dass wir rechtzeitig neue Produkte und neue Dienstleistungen erfinden, womit wir Arbeitsplätze sichern und exportieren können. Bessere Dienstleistungsangebote würden natürlich auch den Patienten zugutekommen. Das jetzige System, wo eine pflegebedürftige Person entweder ganz alleine den Angehörigen überlassen wird, oder sie in ein Heim geschoben wird, finde ich unbefriedigend, das ist auch nicht nachhaltig. Auf Dauer können Angehörige das nicht machen. 24 Stunden Pflegen und Altersheime sind nicht mehr leistbar, weder privat noch durch die öffentliche Hand, die ja auch nur das Geld der Steuerzahler hat. Nun gibt es auf EU eine Initiative, Referenzregionen für aktives und gesundes Altern zu schaffen. Die EU zeichnet Regionen aus, die sich bemühen die Leute gesund altern zu lassen. Stand heute sind wir im Durchschnitt bis wir 59 Jahre alt sind, gesund und dann fangen die chronischen Krankheiten an. Das wollen wir nach oben schieben, das entlastet das Gesundheitssystem am meisten.

Rufen Sie Ihre Mitgliedsfirmen an und motivieren sie etwas für die älteren Menschen zu tun? Wie kann man sich Ihre Aktivitäten praktisch vorstellen?

Wir haben mit einem engen Fokus auf technische Lösungen gestartet: Können wir smart homes für ältere Menschen machen? Welche Art von Steuersystemen, Monitoringsystemen gibt es, um ältere Menschen länger in ihrer vertrauten Umgebung lassen zu können und gleichzeitig die Angehörigen zu entlasten? Da gibt es so viele Dinge. Nahrung und Nahrungsergänzung bis hin zu der Frage, welche Berufe brauchen wir? Wir haben uns auch zum Beispiel Bad Radkersburg genauer angesehen. Die haben eine sehr gute Kur- und Heilbäder Infrastruktur und befürchten, dass ihr Spital geschlossen wird. Sie leiden unter Abwanderung. Sie haben noch nicht die Grenze zu Slowenien überwunden. So haben wir gemeinsam mit dem Bürgermeister, mit dem Kuranstalten Vertretern, mit der Politik darüber gesprochen, was wir machen könnten, damit Bad Radkersburg auch in 20 Jahren eine gute Perspektive hat. Den klassischen Kurtourismus wird es wohl in 5-10 Jahren nicht mehr geben. Also hatten wir die Idee, dass Bad Radkersburg für ältere Menschen attraktiv sein könnte. Es gibt Platz, leerstehende Immobilien, wir könnten Wohneinheiten mit den Kurangeboten kombinieren, die Landwirtschaft könnte von ihrer Mais Monokultur vielleicht in Richtung medizinische Kräuter gehen und so gehen wir das jetzt an, das wird natürlich Jahre dauern. Wir bringen die Partner bei, die Unis im Bereich Altersforschung, wir machen Delegationskreisen und schauen uns andere Vorzeigeregionen an. Wir bemühen uns Förderungen zu bekommen etc. Wie gesagt, am Ende des Tages finden kluge Köpfe immer einen Weg etwas wirtschaftlich Erfolgreiches auf die Beine zu stellen.

Und hört man auch genug darüber? In den Medien stehe oft „bad news“…

Wir sehen sehr oft die Gesundheitskosten der Spitäler und der Pflege etc. Was wir nicht übersehen dürfen, ist dass unsere Firmen in der Pharma und Medizintechnik bis zur Forschungsdienstleistung über 2 Milliarden in unserem Land umsetzen, das ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Wenn man sich unser Land anschaut, wir haben alle Ingredienzien, dass wir in der EU unter den Top Ländern im Life Science Bereich sein könnten. Wir sind aber – und das gilt für Österreich allgemein – in der PR nicht gut genug. Man muss das gesamte Portfolio der Steiermark viel besser darstellen und vermarkten. Wir haben ausgezeichnete Forschungseinrichtungen, wir haben sehr gute Unterstützung von der politischen Seite, wir haben gute Firmen und eine gute wirtschaftliche Infrastruktur. Wir müssen glaube ich aber noch lernen, im Paket zu agieren, denn alleine sind wir international zu wenig sichtbar. Wir können uns nicht mit Bayern, Baden Würthenberg oder dem Großraum London messen. Wir müssen wissen, wo wir unsere Position haben und wo wir das beste herausholen können.

Noch eine Frage zum Thema Förderungen. Sie haben auch Starts-Ups im Cluster, sind sie damit zufrieden, wie die staatlich unterstützt werden?

Wir haben einerseits ein sehr gutes und breit ausgelegtes international beneidetes System, was die Basisförderung anlangt, also bis zu 200.000 Euro an nicht rückzahlbaren Förderungen zu bekommen, ist im Medizintechnikbereich relativ einfach. Das Problem ist nur, dass Medizintechnikprodukte und Pharmaprodukte 5-10 Jahre brauchen, bis sie am Markt sind. Dafür sind unsere Fördersysteme nicht ausgelegt. Wir sprechen nicht von 500.000, die eine Firma braucht, sondern eher 25 Millionen. Dafür gibt es keine geeignete Unterstützung. Die Banken lassen aufgrund der Vorschriften komplett aus, die öffentliche Hand geht ein paar hunderttausend Euro mit, dann kommen die Venture Fonds. Die wollen in erster Linie die erfolgversprechenden Start-ups aufkaufen, und dann sind sie weg aus der Steiermark und aus Österreich.

Das heißt, wir brauchen dringend einen funktionierenden Eigenkapitalmarkt?

Ja unbedingt und wir bräuchten auch Förderungen, wo der Staat längerfristig einsteigt. Wir haben uns das gerade in Israel angeschaut, wo die öffentliche Hand sich längerfristig beteiligt, aber in Form einer Teilhaberschaft, nicht nur in Form einer verlorenen Förderung. Das heißt, dort geht der Staat zu wesentlich höheren Beträgen mit, wenn es nichts wird, hatten beide Pech und wenn es etwas wird, haben beide einen Return of Investment. Bei uns holen auch sehr erfolgreiche junge Firmen zwar Geld ab von der öffentlichen Hand, aber es fließt eigentlich nichts zurück. Ich glaube nicht, dass der Staat der bessere Unternehmer ist, aber es wäre schön, wenn der Staat einen Anteil hat, den er gegebenenfalls mit Gewinn abstoßen kann. Außerdem könnte das auch einen Anker darstellen, der eine Firma dann doch im Land behält.

Also befürworten Sie eine Form von teil-verstaatlichten Start-Ups.

Sagen wir lieber ein öffentlicher Venture Capitalist, das klingt besser. Die Israeli machen das so, dass der Staat mit höheren Beträgen langfristig beteiligt ist, auch die Schweiz macht das so. Da werden bis zu drei Milliarden hingelegt in den Fonds, der in Start-Ups investiert. Langfristig soll sich der nicht nur selbst erhalten, sondern auch wachsen. Bei uns hat der Staat jedes Jahr x Millionen an verlorenem Zuschuss, und der Staat hat keine Kontrolle mehr, was mit den erfolgreichen Firmen passiert. Der ganze Förderbereich wäre sicherlich mit dem öffentlichen Geld, das wir heute aufwenden, langfristig besser zu organisieren.