Wir müssen bessere Bürger werden

In einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung DIE ZEIT titelt der Gastautor Alexander Görlach, Chefredakteur des Debattenmagazins The European, dass Europa bessere Bürger brauche, da diese durchsediert, apathisch und konsumgeil seien und darüber hinaus Rechtspopulisten nachliefen. Die Eliten seien nicht schuld am Versagen Europas und überhaupt gäbe es dieses Versagen Europas gar nicht.

Sehr widersprüchlich endet der Autor damit, dass es doch neue Eliten brauche:

… in der Politik, der Wirtschaft, der Kultur, den Medien, die bereit sind, dem Volk nicht nach dem Maul zu reden. Sondern ihm glaubhaft Gegenwart und Zukunft in einem stimmigen Gesamtbild zu vermitteln, zu verkörpern und zu vertreten. Die Populisten sind hierbei nicht die Partner des Volkes. Sie wollen Zerstörung und die Umwertung unserer Werte, Chaos, Anarchie und, damit es auch jeder versteht, den viel zitierten „Untergang des Abendlandes“.

AUCH DIE VERBESSERUNG DES EIGENEN VOLKES WIRD EHER EIN SCHWIERIGES UNTERFANGEN SEIN UND KÖNNTE EINIGE JAHRE IN ANSPRUCH NEHMEN.

Da ist es wieder – das Problem mit dem blöden Volk. Durchsediert und apathisch schleppen sich die konsumgeilen Massen durch Münchner Einkaufstempel und sind sogar zu blöd, zu erkennen, dass ihnen die Angst vor dem islamistisch motivierten, neuerdings meist psychisch kranken Einzeltäter nur von bösen Rechtspopulisten aufgeschwatzt wurde. Es ist alles nicht so schlimm und die EU, die zwar fade, aber ein Hort bürokratischer Stabilität und Garant des Friedens sei, wird das schon – mit neuen Eliten – lösen. Vermutlich aber nur, könnte man hier einwenden, wenn ein besseres Volk da ist.

Die Lösung dieses Problems wird dann vermutlich doch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Ein Volk gegen ein besseres auszutauschen dürfte nicht ganz einfach sein. Auch die Verbesserung des eigenen Volkes wird eher ein schwieriges Unterfangen sein und könnte einige Jahre in Anspruch nehmen.

DER WOHLSTAND AUS DER STECKDOSE

Darüber hinaus stellt sich die vom Gastautor unbeantwortete Frage, wer das gegenwärtige Volk denn so durchsediert, apathisch und konsumgeil gemacht hat.

Könnten es vielleicht die eigenen Eliten gewesen sein, die jetzt über diesen Umstand jammern und sich ein besseres Volk wünschen? Über die letzten Jahrzehnte hinweg haben viele europäische Länder ihren Bürgern Wohlstand ohne Ablaufdatum und ohne Mühe versprochen. Wohlstand kommt aus der Steckdose und fällt wie Manna vom Himmel, er ist also einfach da. Den Rest an Sedierung besorgten dann die mit Bestechungsinseraten gefütterten Medien und perfekt vor entscheidenden Wahlen verteilten Wahlzuckerl, die den Bürgern per Steuerbelastung vorher aus der linken Tasche gezogen worden sind.

WIR BENÖTIGEN KEINE BESSEREN BÜRGER, KEINE BESSEREN ELITEN, WIR BENÖTIGEN BESSERE POLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN.

Man sollte damit aufhören, realitätsfern von besseren Bürgern zu fabulieren und viel mehr damit beginnen, an den wirklichen Stellschrauben einer besseren Politik zu arbeiten. Dann entfernt sich der Bürger auch nicht von der Politik oder von den Eliten, sondern trägt die Kraftanstrengung im Regelfall mit, wenn diese logisch und schlüssig argumentiert wurde. Wir benötigen keine besseren Bürger, keine besseren Eliten, wir benötigen bessere politische Entscheidungen.