Diese EU hat vielleicht keine Zukunft

Europa hat eine Zukunft, diese Art der EU hat aber vielleicht keine Zukunft. Die Entscheidung der Briten aus der EU auszutreten, ist möglicherweise ein Fanal für die weitere Entwicklung der bürokratischen und sozialistisch-wohlfahrtsstaatlich ausgeprägten Strukturen der EU, deren höchste Repräsentanten in den ersten Wortmeldungen nur wenig Selbstkritik und kritische Reflexion äußerten. Willfährig sekundierten einige Medien und Wahlanalysten, dass die bornierten Älteren mehrheitlich für den Austritt stimmten, während die klügeren jungen Wähler für den Verbleib votierten.

Das ist aber eine unzureichende Analyse der Ursachen. Die älteren Wähler waren es nämlich damals, die für den Eintritt in die EU stimmten und von dieser während der letzten Jahrzehnte schrittweise enttäuscht wurden. Die Eliten in der EU haben diese älteren Wähler Zug um Zug verloren. Man hat ihnen keine glaubwürdigen Perspektiven geboten und nahezu alle getroffenen Verträge und Vereinbarungen waren letzten Endes oft nicht das Papier wert, auf dem sie förmlich niedergeschrieben und unterzeichnet wurden.

VERTRÄGE WURDEN GEBROCHEN UND VERSPRECHEN NICHT EINGEHALTEN

Im Vertrag von Maastricht wurden die sogenannten Maastricht-Kriterien festgelegt, also die dauerhaften Kriterien der Haushaltsstabilität (Defizitquote unter 3 % und Schuldenstandsquote unter 60 % des BIP). Diese wurden mehrmals gebrochen und nicht eingehalten.

Auch den Lissabon-Vertrag, der mit dem „No Bail Out“-Verbot im Artikel 125 das Herauskaufen und Retten strauchelnder Länder wie Griechenland eindeutig verbietet, hat die EU nicht eingehalten.

AUCH DIESES ABKOMMEN IST – SIEHE FLÜCHTLINGSKRISE – MITTLERWEILE NICHT MEHR DAS PAPIER WERT,  AUF DEM ES GESCHRIEBEN WURDE.

Auch das Schengener Abkommen haben viele Ältere unterstützt, da sie aus ihrer Sicht damit durchaus Annehmlichkeiten wie die Reisefreiheit lukrieren konnten. Daher waren sie bereit, den innereuropäischen Grenzschutz aufzugeben. Es wurde aber versprochen, dafür die europäischen Außengrenzen so zu schützen, wie früher die inneren Staatsgrenzen geschützt wurden. Dort marschierte im Regelfall niemand so einfach durch. Moralischer Impedus hin oder her. Auch dieses Abkommen ist – siehe Flüchtlingskrise – mittlerweile nicht mehr das Papier wert auf dem es geschrieben wurde.

Last, but not least war da noch das Dubliner-Übereinkommen als völkerrechtlicher Vertrag über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrages. Die gelebte Praxis sieht hier auch anders aus. Während einige Staaten (Schweden, Deutschland, Österreich) über Gebühr viele Asylsuchende aufnahmen, winkten andere Staaten Asylanten einfach über ihre Grenzen nach Norden durch.

ES IST ABSOLUT KEIN WUNDER….

Es ist daher absolut kein Wunder, dass die älteren Semester, die sich im Regelfall auch politisch mehr interessieren, da es ihre unmittelbaren Lebensumstände und ihren Wohlstand betrifft, von dieser Art der EU enttäuscht zeigen und daher pro Exit votieren.

Es ist auch kein Wunder, dass sich jüngere Semester, die diese Lebenserfahrung noch nicht haben und die vor allem mit den Annehmlichkeiten wie Reisefreiheit, gemeinsame Währung oder Austauschsemestern an europäischen Universitäten aufgewachsen sind, sich noch (!) für diese Art von EU aussprechen. Aber auch diese Generation wird zukünftig Steuern zahlen und Steuern zahlen und vermutlich noch mehr Steuern zahlen. Als Gegenleistung dafür hätte man dann doch schon gerne, dass der Staat, jene Gesetze, die er sich selbst auferlegt, auch einhält, ganz im Sinne von „Pacta sunt servanda“. Geschieht dies nicht, wird auch der jüngere und glühendste EU-Befürwörter über die Jahre hinweg vermutlich zum EU-kritischen Rebellen, der einfach gestrickten Populisten – wie die EU-Kritiker heute gerne punziert werden – folgen wird. Das Grundprinzip dieser Entwicklung ist somit eigentlich ganz einfach zu verstehen.

ES IST MEHR ALS FRAGLICH, OB DIESELBEN AGIERENDEN PERSONEN JETZT IN DER LAGE SIND, EINE TRENDUMKEHR EINZULEITEN.

Trotzdem war die aktuelle EU-Führungsriege in den letzten Jahrzehnten nicht in der Lage, diese Entwicklung im ausreichenden Maß zu erkennen und wirksam gegenzusteuern. Es ist mehr als fraglich, ob dieselben agierenden Personen jetzt in der Lage sind, eine Trendumkehr einzuleiten. Ein reines Austauschen der führenden Köpfe wird nicht viel bringen, auch wenn es wünschenswert wäre. Viel mehr geht es um eine Neuausrichtung und um die Suche nach einer neuen Positionierung Europas in einer noch stärker globalisierten Welt. Die Bürokraten sollten sich vornehm zurückhalten und nicht ihre regulierenden Tentakel in jeden Lebensbereich der Menschen ausstrecken. Verwaltung schafft immer mehr Verwaltung. Nach diesem Motto lebt die EU derzeit. Die EU sollte sich aber aus vielen Bereichen herausnehmen und Europa durch diese Zurückhaltung eine starke Wettbewerbsfähigkeit geben. Mehr braucht es nicht. Den Rest machen wir Europäer dann selbst.