Nur 814 Euro

In der medialen Twitterblase echauffiert man sich gerade über einen rezenten Artikel in der Wiener Zeitung, der darüber berichtet, dass die Starbucks Coffee Austria GmbH für das Geschäftsjahr 2014 bei einem Umsatz von 17,2 Millionen Euro nur eine Steuerleistung von 814 Euro ausweist.

KRITIK AN DER STEUEROPTIMIERUNG

Starbucks betreibt 19 Filialen in Österreich, davon 15 alleine in Wien. Die renommierte Filiale in bester Innenstadtlage in der Wiener Kärntnerstraße (eröffnet 2001) wurde geschlossen, da die Monatsmiete ca. 25.000 Euro betragen soll, die Filiale aber renovierungsbedürftig und unrentabel geworden sei.

Starbucks steht hinsichtlich der Steueroptimierung seit längerem in der internationalen Kritik. Dennoch ist der Beitrag in der Wiener Zeitung undifferenziert und unzulässig verkürzt. Es wird allgemein nur von einer „Steuerleistung von 814 Euro“ gesprochen und davon, dass lokale Kaffeehausbetreiber davon „nur träumen könnten“. Das mag so sein, es ist aber nicht einmal die halbe Wahrheit.

VON DER VON DEN KUNDEN EINBEHALTENEN UMSATZSTEUER, VON DER DER STAAT EBENFALLS PROFITIERT, NOCH GAR NICHT GESPROCHEN.

Bei 19 Standorten in Österreich und einer vermutlich entsprechend hohen Anzahl an Mitarbeitern in den Filialen, in einer Zentrale oder in der Logistik fallen monatlich durchaus beachtliche Summen an Steuerleistungen an. Auch die Starbucks Coffee Austria GmbH – immerhin gibt es eine solche Firma – wird um Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Kommunalsteuer, Dienstgeberabgabe und Sozialversicherungsbeiträge nicht herumkommen. Von der von den Kunden einbehaltenen Umsatzsteuer, von der der Staat ebenfalls profitiert, noch gar nicht gesprochen.

Auch indirekt wird die Starbucks Coffee Austria GmbH durchaus beachtliche Summen an Wertschöpfung in Österreich generieren. 19 Filialen wollen eingerichtet und betrieben werden. Dafür erforderlich sind im Allgemeinen: Miete, Inneneinrichtung, Tischler, Elektrik, Installationen, Reinigung, Kaffeemaschinen, Reparatur, Kaffee, Milch, Gebäck, Süßwaren und vermutlich vieles mehr. Das alles summiert sich über die Jahre sehr schnell in die Millionenbeträge, die an direkter oder indirekter Wertschöpfung und auch an Steuern dem österreichischen Staat zu Gute kommen.

SCHLECHTER JOURNALISTISCHER STIL

Deshalb ist es schlechter Stil, wenn linke Journalisten wie die Falter-Redakteurin Nina Horaczek in der Twitterblase diesen undifferenzierten und äußerst verkürzten Zeitungsartikel übernehmen und schreiben, dass „… unser Problem nicht die Flüchtlinge, sondern die Steuerflüchtlinge sind.

Man kann Starbucks allenfalls vorwerfen, dass es seine Ertragssteuern auf den erzielten Gewinn optimiert. Ohne die konkreten Zahlen zu kennen, verbleiben nach Lizenzzahlungen von angeblich 25.000 Euro für jede Filiale, die über die steuerfreundlichen Niederlande an die Konzernzentrale in Seattle gehen, dann vielleicht diese ominösen 814 Euro an Steuerleistung (auf den Gewinn) für ein Geschäftsjahr übrig. Die anderen durchaus gewaltig hohen Steuern in Österreich wurden aber vermutlich pünktlich zum jeweilgen Stichtag an unseren Staat überwiesen.

ES IST OFFENSICHTLICH ALLES RECHTENS, WAS STARBUCKS HINSICHTLICH SEINER STEUERPRAKTIKEN WELTWEIT UMSETZT.

Erst an dieser Stelle beginnt dann das globalisierte Problem. Es ist offensichtlich alles rechtens, was Starbucks hinsichtlich seiner Steuerpraktiken weltweit umsetzt. Dafür braucht es aber im Regelfall ein kleines Heer an Steuerberatern, die ein globales Unternehmen dazu beraten. Daraus entstehen ebenfalls erhebliche Kosten. Starbucks kann sich dann überlegen, ob es bereit ist, die Kosten für diese Steuerberatung oder für die lokalen (nationalen) Steuern aufzuwenden. Ersteres dürfte derzeit vorteilhafter sein. Das kann bei der schon seit langem sehr hohen Steuerbelastung in Österreich und auch in Europa nicht mehr wirklich verwundern.

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Unsere Staaten in Europa haben eigentlich nur drei Handlungsalternativen zur Verfügung. Entweder wir regulieren die internationalen Konzerne mit nationalen oder europäisch abgestimmten Steuergesetzgebungen noch stärker, riskieren damit aber, dass sich diese Unternehmen zurückziehen und wir auch deren gesamte (direkte und indirekte) Wertschöpfung samt vorhandener Steuerleistung verlieren.

WIR MÜSSEN UNSERE STEUERBELASTUNG DEUTLICH REDUZIEREN.

Die zweite Alternative wäre das bislang praktizierte Weiterwurschteln wie bisher. Undifferenziert kann sich Österreich (und auch Europa) nicht entscheiden, wie man mit dieser Situation umgehen soll. Kapitalismuskritik liegt im Trend, aber Lösungen hat man keine. Weitermachen wie bisher.

Der dritte Lösungsansatz wäre der Mutigste, aber vermutlich der Vielversprechendste:  Wir müssen unsere Steuerbelastung deutlich reduzieren. Das hilft nicht nur all unseren Unternehmen, angefangen vom EPU bis zur kleineren oder mittleren GmbH, sondern würde auch dazu beitragen, dass sich globale Konzerne in Seattle nicht mehr Heerscharen von Steuerberatern leisten würden, um Steuern in Österreich zu minimieren, sondern Steuern in Österreich bezahlen würden, da Steuerberater in Seattle zu teuer sind. Diesen Lösungsansatz sollte man doch endlich einmal versuchen.